Christian Ude

Ach Gott, ist mir elend zu Mute

Von am 29. Januar 2015

Also, eines ist schon mal klar: Im Grunde genommen sind wir Radler bessere Menschen. Viel besser sogar. Schon weil wir keinen Motorenlärm verursachen. Weil wir kein Benzin verbrennen. Und damit die Umwelt schonen, für gute Luft sorgen. Weil wir nachts in Kneipenvierteln niemals die Türen zuschlagen, sondern uns zur Freude der Nachbarn leise entfernen.

Und gescheiter sind wir auch. Weil wir für die Fortbewegung kein Geld verschwenden, sondern bei jeder Fahrt sparen. Und schöner! Weil wir bei jedem Kilometer Kalorien verbrennen, statt hinter der Windschutzscheibe Gewicht zuzulegen. Naja. Jedenfalls wären wir ohne die Strampelei noch dicker.

Da gibt es eigentlich nur ein Problem. Ein klitzekleines. Ein eher charakterliches. Streng genommen müssten wir nämlich zugeben, dass wir zur Zeit gar nicht radeln. Bei Schneematsch und Eisflächen, bei überfrierender Glätte. Wir sind doch nicht blöd. Wir fahren derzeit – ich bringe es kaum über die Lippen – lieber mit dem Auto. Mit Sitzheizung, eine fabelhafte Erfindung!

Aber glauben Sie mir: Ich fühle mich richtig elend, wenn ich vom Auto aus die letzten Helden unserer dekadenten Gesellschaft sehe, die Four-Seasons-Biker. Die winterfesten Allzeit- bereit-Radler. Richtig minderwertig komme ich mir bei ihrem Anblick vor. Aber ich habe festgestellt, dass mir das immer noch lieber ist als zu frieren…

Kolumne: Der Rote Radler
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