Habe die Ehre!
Wenn dem Münchner ein herzhaftes „Servus“ nicht förmlich genug ist, sagt er gerne „habe die Ehre!“ Ältere Jahrgänge ziehen dabei sogar ihren Hut oder deuten diese Geste zumindest an, wenn gerade kein Hut zur Hand ist. Habe die Ehre! Das sagt schon was aus, wie wichtig uns die Ehre ist.
Seit gestern habe ich die Ehre, ein Ehrenbürger dieser Stadt zu werden. Am 15. September. Das hat der Stadtrat so beschlossen. Einstimmig. Und mir damit eine riesige Freude gemacht. Oder war da List im Spiel? Nach so einer Entscheidung kann der Geehrte ja wohl kaum die Urteilskraft des Gremiums in Zweifel ziehen …
Und was genau besagt die Auszeichnung? Auf jeden Fall, dass man nicht mehr der Jüngste ist. Aber Vorsicht! Das heißt noch lange nicht „Silentium“! Hans Jochen Vogel begann seine bundespolitische Laufbahn erst nach dieser Auszeichnung im Jahr 1972 und Georg Kronawitter setzte als Ehrenbürger seine politische Laufbahn im bayerischen Landtag fort. Durchaus streitbar. Ein Schlusspfiff ist das also nicht.
Eher das Gegenteil. Die Münchner Ehrenbürger, vor denen ich schon deshalb größten Respekt habe, meldeten sich immer wieder mahnend zu Wort. Vorgestern zum Beispiel Charlotte Knobloch, die mit einer eindrucksvollen Demonstration ein Signal gegen bedrohlich um sich greifenden Antisemitismus setzte. Hans Jochen Vogel bekennt seit über 40 Jahren als Ehrenbürger Farbe und rüttelt die Öffentlichkeit immer wieder auf. Hildegard Hamm-Brücher machte als „Grande Dame“ der Liberalen nie ein Hehl aus ihrer kritischen Einstellung. Georg Kronawitter schob nach einigen fast einstimmig beschlossenen Hochhäusern weiteren „Wolkenkratzern“ einen Riegel vor – mit einem erfolgreichen Bürgerbegehren. Das mag unbequem sein – belebend wirkt es allemal. Als ich vor wenigen Jahren im Englischen Garten dem radelnden Dr. Vogel und seiner Frau begegnete und vergnügliche Begegnungen mit Bürgern geschildert bekam, erkannte ich: Ehrenbürger sein und Radfahren – das hält fit und macht Spaß. In diesem Sinne: Herzlichen Dankl. Habe die Ehre!
