Christian Ude

Horror am Abend für Gebührenzahler

Von am 10. Juli 2014

Pferde traben schneller, wenn sie in die Nähe ihres Stalles kommen. Ebenso hat mein Drahtesel früher Tempo zugelegt, wenn ich bei der Heimfahrt wieder in Schwabing angekommen war. Geschafft! Feierabend! Und dann Entspannung pur – vor der Glotze.

Heute ist das anders. Heute achte ich pingelig darauf, keine Minute zu früh heimzukommen. Keine Minute vor den Abendnachrichten. Lieber fahre ich vorher noch ein paar Mal um den Block. Wegen des Fernsehprogramms.

Kaum schaltet man den Fernseher an – schon ragt ein nackter Fuß riesig ins Wohnzimmer. Fußpilz! Lecker! Nur eine Chemiekeule kann den Pilz verbannen. Dann ein Herr mit Verstopfung. Sein Bauch zerfällt in Würfel, um uns klar zu machen, was fehlender Stuhlgang einem Menschen antut. Aber schon der nächste Werbespot macht uns die Ausweglosigkeit menschlichen Daseins deutlich: Durchfall ist auch nicht besser! Ebenso wie Zahnfleischbluten, das seine Opfer pünktlich zu unserem Abendbrot rote Pfützen ins Waschbecken spucken lässt. Als nächster Besucher erhebt sich ein alter Bekannter wieder einmal aus seinem Bett und klagt, wie schlimm es ist, nachts müssen zu müssen. Er spricht, sagt er, für Millionen. Millionen Bundesbürger müssen nachts raus! Und wir Gebührenzahler bekommen das fast täglich vor Augen geführt.

Was waren das noch für schöne Zeiten, als uns schäfchenweich gewaschene Pullis gezeigt wurden oder Bettlaken, die weißer waren als weiß. Oder Cowboys in der Abendsonne, die den Geschmack von Freiheit und Abenteuer verbreiteten. Heute bekommen wir von ihnen nur noch den Fußpilz zu sehen.

Kolumne: Der Rote Radler
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