Christian Ude

Weihnachtswunder?

Von am 2. Januar 2015

So ein komischer Winter aber auch. Erst eine Adventszeit, als ob der Frühling vor der Tür stünde. Nicht einmal ein Hauch von Hoffnung, dass es „weiße Weihnachten“ geben könnte. Der gemeine Münchner schimpfte auf das Mistwetter, das uns mit wärmendem Strahlen die weihnachtliche Stimmung vermasselte. Nur gewitzte Genießer suchten freie Plätze auf Freischankflächen, um bei einem Cappuccino die Sonne zu genießen. Grüne Freunde belehrten uns, das Ende des Schnees in unseren Breiten könne doch niemand mehr überraschen. Wenn das so ist, dachte ich am zweiten Feiertag, könnte ich ja wirklich mal an Weihnachten (!) Fahrrad fahren! Ziemlich heroisch.

Es wurde ein Desaster. Denn natürlich kehrte ich bald ein – und als ich das Wirtshaus wieder verließ, war mein Rad, waren alle Räder, war die ganze Stadt unter einer weißen Decke verhüllt. Schneeglätte, wohin man sah. Die gefährlichen Trambahngleise, die ich fürchte wie der Teufel das Weihwasser, waren überhaupt nicht mehr zu erkennen. Und der Schneefall wollte kein Ende nehmen. Da verließ mich der Heldenmut – und ich schimpfte, wie es der gemeine Münchner immer tut, aufs Mistwetter, fragte mich grantig, welcher Ignorant die „weißen Weihnachten“ bestellt hat und rief ein Großraumtaxi, das mich und meinen Drahtesel samt seiner Schneedecke sicher nach Hause brachte.

Und jetzt schimpfen alle Radfahrer auf den Schnee, den es in unseren Breiten gar nicht mehr gibt. Tolles Weihnachtswunder!

Kolumne: Der Rote Radler
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