Christian Ude

Windschlüpfrige Wohlstandsbäuche

Von am 19. Juni 2014

Natürlich hat es früher auch schon in der Welt des Zweirads modische Missgriffe gegeben. Zum Beispiel die unsäglichen Knickerbocker, die von bedächtigen Herren getragen wurden, damit ihr Beinkleid nicht von der Fahrradkette verschmiert wird. Und andere Herren, die ihr linkes Hosenbein mit einer Klammer zusammenrafften, damit es nicht mit dem Kettenöl in Berührung kam. Wenn sie die Klammer am Ende der Radfahrt nicht wieder abnahmen, gaben sie den ganzen Tag ein skurriles Bild ab – zum Beispiel als Lehrer im Unterricht. Das war aber nicht wirklich schlimm, eher rührend.

Doch was springt einem heute ins Gesicht, wenn man vergnügt durch das Isartal oder auch nur den englischen Garten schweben möchte? Die Rennsport-Klamotten, in die sich beleibte Herren auch noch freiwillig verirrt haben. Sie pressen sich in hautenge Kampfanzüge, dass man eher an die letzte Schlachtschüssel mit Blut- und Leberwürsten erinnert wird als an die letzte Tour de France. Vor allem hilft ihnen die vermeintliche Windschlüpfrigkeit nicht wirklich weiter, wenn sie sich im Sonntagsstau auf den überfüllten Radwegen ohnehin nur in Schrittgeschwindigkeit fortbewegen können. Und der Wohlstandsbauch behält seinen Luftwiderstand, auch wenn er regelrecht eingeschweißt wird.

Und dann erst die Farben! Wie die ins Auge stechen! Knallrot, krachblau, giftgrün, grellgelb, sehr gerne auch pink. Als ob sie gleich in mehrere Farbtöpfe gefallen wären … Freunde! Wir wollten doch die Natur genießen – und nicht verunstalten!

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